Ein Auszug aus der Chronik

Schwimmen aus Leidenschaft

Die Gründung

Unter den aufgezeichneten Aspekten im Teil „Zwischen Ackerland und Fördertürmen“ muss man auch die Gründung des jetzt seit 50 Jahren bestehenden Schwimmvereines verstehen. Vielleicht war auch der Gedanke des Sportes durch die Gründung der vom Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen inzwischen errichteten Sportschule gerade in Kaiserau wieder stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung gerufen worden. 

Allerdings mussten sich die Schwimmfreunde erst die Voraussetzungen für einen geregelten Schwimmbetrieb, nämlich das „kalte Nass“ geschaffen sein. Als sich in den Jahren 1951/52 die kleine Gemeinde Westick mit ihren bescheidenen Mitteln entschloss, auf ihrer Gemarkung ein Freibad zu errichten, war die Basis gegeben. Am 22.6.1952 wurde das Freibad Westick-Kaiserau eröffnet. Im Laufe des Sommers fanden sich schwimmfreudige Personen zusammen, die den Gedanken aufwarfen, einen Schwimmverein zu gründen. Als am 20.8.1952 zur Gründungsversammlung im Lokal Schäfer aufgerufen wurde, fanden sich spontan 60 Personen ein, denen der Schwimmsport am Herzen lag. Es wurde ein Verein gegründet, der sich den Namen „Schwimmverein Westick-Kaiserau“ gab. Erster Vorsitzender des Vereins wurde Herr Dr. Emil Specht. In der zweiten Versammlung am 5. Oktober 1952 entschloss man sich zu den Vereinsfarben Grün/Weiß und zu dem bekannten Wappen mit dem springenden Westfalenpferd.

Es ist amüsant, aber auch beachtenswert, im Protokollbuch des Vereins nachzulesen, mit welchen Mitteln und mit welcher Mühe die Mitglieder versuchten, ihrem Ideal Leben zu verleihen. So hatte ein Erwachsener für seine Mitgliedschaft im Monat einen Beitrag von 0,80 DM zu entrichten; Jugendliche zahlten 0,50 DM und Kinder DM 0,25 DM im Monat. Zwar wechselte in den ersten Jahren die Spitze des Vereins immer wieder, doch sei es dem Chronisten gestattet, wenigstens die Leute der ersten Stunde zu nennen, welche den Vereinsvorstand bildeten: 1. Vorsitzender Dr. Emil Specht, 2. Vorsitzender Hans Rhode, Geschäftsführer Friedh. Schultebraucks, Technischer Leiter Martin Naujokat, Kassenwart Erwin Schäfer. Seit Gründung des Vereins bis heute ist Edith Mombré das einzige noch heute aktive Vereinsmitglied der 1. Stunde. 

Probleme am Anfang

Inzwischen war man auch auf Verbandsebene auf die Aktivitäten des Kaiserauer Schwimmvereins aufmerksam geworden und beauftragte ihn mit der Durchführung der Prüfungswettkämpfe des Bezirkes Südwestfalen im hiesigen Freibad am 16.8.1953. Doch blieb das Freibad selbst dem Verein für ein intensives Training, wie es nur unter Ausschluss des allgemeinen Badebetriebes durchgeführt werden kann, zunächst verschlossen. Man versuchte daher, im Hallenbad in Dortmund eine Schwimmstunde belegen zu dürfen. Leider verliefen die entsprechenden Verhandlungen negativ. Ebenso war es nicht möglich, vom Fußball- und Leichtathletikverband die Erlaubnis zu erhalten, in einer der Turnhallen trainieren zu dürfen.

So musste in den ersten Jahren nach Gründung des Vereins improvisiert werden, um wenigstens einen gewissen Leistungsstand zu erreichen. Es scheint, dass bei der Benutzung der Badeanstalt für Trainingszwecke in den vorangegangenen Jahren nicht alles so gelaufen war, wie man es sich hätte wünschen mögen. Der neue Vorstand für das Jahr 1955 unter der Leitung von Heinrich Budde schaffte hier offensichtlich Ordnung, so dass das Vereinsprotokoll voll Stolz von einem regen Trainingsbetrieb berichten konnte. Der Erfolg des Bemühens spiegelte sich dann auch in Erfolgen bei Wettkämpfen in Holzwickede und Derne wider. 

Die Wende kam mit „Bademeister“ Naujokat

Inzwischen hatte sich eine leistungsfähige Wettkampfmannschaft herangebildet. Im Jahre 1957 wurden 7 Wettkämpfe bei Vereinen der umliegenden Städte besucht. Danach erfolgte den Berichten nach im Vereinsleben eine Stagnation: Die Übungsstunden wurden schlecht besucht und auch die Lust am Wettkampfschwimmen ließ nach. So wurde 1958 an keiner und 1959 nur an 2 Schwimmveranstaltungen teilgenommen. Nach zwei vorangegangenen Anläufen, die aber jedes Mal an internen Schwierigkeiten scheiterten, übernahm Martin Naujokat 1960 die technische Leitung des Vereins. Mit ihm erfolgte praktisch ein Neuaufbau, vor allen Dingen der Wettkampfmannschaft. Als Schwimmmeister verfügte er über das erforderliche Rüstzeug und als Mensch über die notwendige Dynamik. Er ging gründlich zu Wege und widmete die Jahre 1960 – 1962 dem intensiven Aufbau einer neuen Wettkampfmannschaft. Dabei wurde er tatkräftig unterstützt von seiner Frau und den Ehepaaren Mombré und Westermann. Auch vereinsinterne Meisterschaften wurden wieder veranstaltet und gut besucht.

Erstmals in der Wintersaison wagte man sich zu Hallenwettkämpfen, so z.B. erfolgte die erste Teilnahme am Hörder Weihnachts-Schwimmfest. Um möglichst mit guter Kondition in die Wettkämpfe steigen zu können, war ein vorbereitendes Wintertraining erforderlich. Hier sei besonders Harry Rehbein lobend zu erwähnen, der die jungen Schwimmerinnen und Schwimmer jede Woche einmal mit seinem VW-Bus nach Unna in Hallenbad fuhr, damit diese auch im Winter trainieren konnten. Waren die Vereinsfarben bereits kurz nach der Gründung des Vereins festgelegt, so erfolgte nunmehr eine weitere Profilierung des Vereins, als für die Wettkämpfer eine einheitliche Schwimmkleidung eingeführt wurde: grüne Badeanzüge für die Mädchen und grüne Badehosen für die Jungen, jeweils mit einem Vereinswappen versehen.

Ausgleichssport in der Turnhalle

In der im Januar 1965 zur Benutzung freigegebenen Turnhalle im Jugendheim wurden nunmehr zweimal wöchentlich Turnstunden abgehalten. Dadurch war es möglich, auch im Winter den Vereinsmitgliedern ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu bieten.

Erst jetzt, 13 Jahre nach Gründung des Schwimmvereins in Kaiserau, wurde es auf Antrag dem Verein gestattet, einmal in der Woche ab 19 Uhr das Freibad ohne Störung durch den allgemeinen Badebetrieb für das Training zu nutzen. Zur Förderung der Breitenarbeit wurde die Ablegung der DSV-Leistungsabzeichen ermöglicht. Mit Wolfgang Drees und Willi Lerbs wurden neue Kampfrichter ausgebildet. Am 16.1.1966 übernahm Heinz Mombré, der sich schon vorher um den Verein verdient gemacht hatte, das Amt des 1. Vorsitzenden. Eine Untersuchung für den Sport-Gesundheits-Pass der Wettkämpfer wurde organisiert, damit durch das intensive Training und den Wettkampfbetrieb evt. Schäden frühzeitig erkannt würden. Im Jahr 1967 trug die Benutzung des Lehrschwimmbeckens in der neuen Jahnschule – allerdings gegen Gebühr – trug viel dazu bei, dass sich die Leistungen der Kaiserauer auch mit stärkeren Gegnern messen konnten. Bei den Bezirksmeisterschaften des Bezirkes Südwestfalen gab es erstmals einen Titel durch Heike Mosbach. Auf Grund der gezeigten Leistungen wurde sie zu einem Vorbereitungslehrgang für die Olympischen Spiele 1972 eingeladen. Eine weitere Würdigung erfuhr Ingrid Rumpf: Im amtlichen Organ des DSV „Der Deutsche Schwimmsport“ wurde sie im 25-m Freistilschwimmen des Jahrgangs 1959 als 6. im Bereich der Bundesrepublik Deutschland aufgeführt. Nach dem Zusammenschluss zur neuen Stadt Kamen wurden die ersten Stadtmeisterschaften veranstaltet. Sie verliefen für den SV Westick-Kaiserau mit großem Erfolg, denn zwei Drittel der vorderen Plätze wurden von Kaiserauern belegt. Einen immer größeren Reiz bekamen die vereinsinternen Meisterschaften, an denen 1968 etwa 81 Mitglieder teilnahmen. Das Jahr 1968 ist auch das Jahr der Gründung des Stadtsportverbandes Kamen, dem der Verein beitritt und mit Martin Naujokat den Fachwart für Schwimmen stellt. Zu Ostern 1969 startete eine 10-köpfige Mannschaft aus Kamen in Lille/Frankreich. Der Leistungstrend der Kaiserauer Schwimmer spiegelt sich allein darin, dass 8 Teilnehmer der Auswahl-Mannschaft sich aus Kaiserauern rekrutierten. 

Bei den Stadtmeisterschaften 1970 in Kamen machte sich jetzt für die Schwimmer des SV Kamen die beheizte Anlage in Kamen-Mitte bemerkbar. Der SV Westick-Kaiserau kam zwar noch zu guten Erfolgen, aber die Schwimmer aus der Vorstadt konnten nicht mehr ganz die so dominierende Rolle wie in den vergangenen Jahren spielen. Der Wunsch der Kaiserauer nach einem beheizten Freibad wurde dabei immer stärker, zumal zu den eigenen Veranstaltungen immer weniger Vereine meldeten, weil ihnen für ihre Schwimmer das Wasser in Kaiserau zu kalt war. Durch intensiven Einsatz der Jugendlichen, nicht nur in den Wettkämpfen, sondern auch in der Ausbildung der Kinder und im geselligen Leben des Vereins, wurde 1971 auf der Hauptversammlung beschlossen das Wahlalter auf 16 Jahre herabzusetzen. 

Im Olympia-Jahr 1972 führte Martin Naujokat eine 5-köpfige Kaiserauer Mannschaft mit Jugendlichen aus Kamen sowie den Partnerstädten Ängelholm/Schweden und Montreuil-Beffory/Frankreich nach Lengries in ein Olympialager, von dem aus die Teilnehmer verschiedene Wettkämpfe in München verfolgen konnten. Vom geselligen Standpunkt aus gesehen bildete die Feier zum 20-jährigen Bestehen des Vereins im Haus Sorge ein Höhepunkt. Das Jahr 1973 gestaltete sich zum Jahr der Angewöhnung und Qualifikation der neuen Wettkampfgeneration. Diese „Schwimm-Küken“ galt es an die Wettkampfatmosphäre zu gewöhnen.

Unter Anleitung und Führung einiger „Alter Hasen“ in ihrer Mitte reisten sie zu 6 Schwimmveranstaltungen, wo sie sich gleich bravourös schlugen. Das eigene Schwimmfest 1974 musste nach Kamen ins Freibad Kamen-Mitte verlegt werden, da die Wassertemperatur im Methleraner Freibad doch zu niedrig war. Neu ins Kursangebot wurde ein Nichtschwimmer-Kurs für erwachsene Frauen unter der Leitung von Hilde Naujokat, Edith Mombré und Marta Westermann genommen. Das Hallentraining erfreute sich wieder großer Beliebtheit. Kurz: der Verein florierte, zumal auch die Wettkämpfer erfolgreich von Veranstaltungsfahrten zurückkehren konnten. 
 

Der Beginn des Hallentrainings

Der September 1975 bereitete dem Verein ein Geschenk besonderer Art: mit der Eröffnung des Hallenbades in Kamen-Mitte konnte ein Teil der Wettkämpfer nun in einem wettkampfgerechten Becken trainieren. Am meisten freuten sich darüber Heide und Alfred Markowski, die das Training der Wettkämpfer seit Anfang des Jahres leiteten und nun endlich die Möglichkeit hatten die Übungsstunden gezielter und intensiver zu gestalten. Der Verein trug als Gegengabe dazu bei die Eröffnungsfeier wesentlich mitzugestalten. Allerdings mussten die Aktiven mehrmals den langen Weg zum Training nach Kamen fahren, aber man liebäugelte bereits mit dem Gedanken in dem Bau befindlichen Hallenbad des FLVW in Methler eines Tages trainieren zu dürfen. Die langen Verhandlungen zwischen dem Stadtsportamt und dem FLVW fielen letzten Endes zum Vorteil des Vereins aus. Als im Mai 1976 das Methleraner Hallenbad seiner Bestimmung übergeben wurde, hatte man erreicht, dass der Schwimmverein Westick-Kaiserau zweimal wöchentlich dieses nach modernsten Gesichtspunkten errichtete Hallenbad zum Training benutzen durfte. Der Verein zeigte sich dafür erkenntlich und gestaltete mit Schwimmdarbietungen die kleine Eröffnungsfeier. Die nunmehr gegebenen optimalen Möglichkeiten wirkten sich auch auf den Leistungsstand der Aktiven aus. 

Im Jahr 1977 stellte der Verein erstmals eine Mädchenmannschaft in den Jugendklassen E und D bei den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften. Dort belegte die E-Jugend einen hervorragenden 34. Platz von 120 Teilnehmern und die D-Jugend belegte einen Mittelfeldplatz aller teilnehmenden Mannschaften. Zudem standen zum ersten Mal größere Feierlichkeiten an, da der Verein sein 25-jähriges Bestehen anstrebte. Auch 1978 ging es sportlich erfolgreich weiter für unseren kleinen Verein. Mit Denise Markowski und Christian Luhmann stellte der Verein zwei Jahrgangsmeister im Bezirk Südwestfalen. In den folgenden Jahren darauf war es wieder Denise Markowski, die erfolgreich an den Bezirksmeisterschaften teilnahm, zudem starteten sie und Manfred Eder bei den Westdeutschen Meisterschaften 1979. 

Im Herbst 1983 wurde das Freibad in Methler endgültig geschlossen. Einige Jahre später entstand dort ein Kunstrasenplatz für die Sportschule Kaiserau. Im Jahr 1985 wurde ein Trainerwechsel vollzogen. Nach langjähriger guter und erfolgreicher Vorstands- und Trainingsarbeit beendete Alfred Markowski seine Tätigkeiten beim Verein. Die Trainingstätigkeit wurde von Ursula Naujokat und Berthold Krampe übernommen. 

In den folgenden Jahren stellte der Verein regelmäßig Kreismeister und Teilnehmer an Bezirksmeisterschaften. Daran änderte sich auch nichts, als im Herbst 1988 die Kleinschwimmhalle in der Jahnschule geschlossen wurde und wichtige Trainingszeiten wegfielen, insbesondere im Bereich der Jugend- und Aufbauarbeit. Zudem wurde das Hallenbad an der Sportschule renoviert und im Mai 1989 erst wieder für den Trainingsbetrieb freigegeben. 

1992 feierte der Verein sein 40-jähriges Bestehen im Bürgerhaus mit etwa 200 Gästen. Motto der Veranstaltung war „Feiern mit Preisen wie vor 40 Jahren“. 1998 nahm der Verein im Rahmen der 1100-Jahr-Feierlichkeiten mit einem selbstgebastelten Wagen an dem Umzug durch Methler teil. In diesem Jahr wurde die Gaststätte „Haus Lander “ zum Vereinslokal gewählt, da das bisherige Vereinslokal „In der Kaiserau“ wegen eines Brandes vorübergehend geschlossen wurde. 

Die heutige Situation

Der Verein nimmt derzeit an etwa 15 Vergleichswettkämpfen in Westfalen und Ostwestfalen teil. Außerdem nehmen die Aktiven regelmäßig an den Stadt- und Kreismeisterschaften teil und besonders erfolgreiche Schwimmer starten darüber hinaus auch weiterhin bei den Bezirks- und Landesmeisterschaften. Da sich der Verein in erster Linie dem Breitensport verschrieben hat und die Möglichkeiten nicht besitzt, talentierte Schwimmerinnen und Schwimmer auf Dauer so zu fördern, wie es beispielsweise in Unna oder Dortmund der Fall ist, führt dies dazu, dass die wenigen Talente, die sich beim Training herauskristallisieren, früher oder später zu einem der größeren Vereine abwandern. In den vergangenen Jahren waren die Gewinner der Vereinsbesten-Pokale auch bei größeren Vergleichen äußerst erfolgreich. Nicht alle gingen in andere Vereine, um dort noch erfolgreicher zu Schwimmen. Einige verloren auch so das Interesse. Die Vielfalt der Freizeitaktivitäten ist heutzutage ja unbegrenzt, die Interessen verändern sich, Schule und Studium oder Beruf lassen vielen zudem weniger Zeit, alles wahrnehmen zu können. Die Liebe zum Schwimmsport muss sich entwickeln, tut sie dies nicht, wird man sich früher oder später einer anderen Sportart oder sonstigen Freizeitaktivitäten zuwenden. 

Im Zeitalter des Computers und der „Action“ allüberall ist es gar nicht so einfach den Kindern verständlich zu machen, warum sie von einem Beckenrand zum gegenüberliegenden und wieder zurück schwimmen sollen und das ganze mehrere Dutzend Mal in einer Trainingseinheit („Fliesenzählen“ eben) ohne dabei auf Monster schießen oder den Ball in ein Tor werfen zu können. 

Trainern oder Übungsleitern wird nicht selten – psychologisches Geschick vorausgesetzt – abverlangt, diese oder jene Situation zu meistern und den Sport so abwechslungsreich wie möglich zu präsentieren. Dies scheint im Laufe der Jahre und unter den Trainern Martin und Hilde Naujokat, Paul und Martha Westermann, Alfred und Heidi Markowski, Lothar Zühlke und jetzt Berthold Krampe sowie Thomas Fusten zu gelingen; die Mitgliederzahlen sprechen dafür, dass der Schwimmsport in Methler immer noch sehr groß geschrieben wird. Mit über 450 Mitgliedern ist es derzeit der größte Schwimmverein im Stadtgebiet und außerdem der drittgrößte Sportverein in Methler nach dem TVG und dem SuS Kaiserau.